Auftanken

Regelmäßig auftanken – mein Auto braucht das, und ich auch. Ohne Kraft im Tank geht nichts. Darum hatte ich mir in den Herbstferien ein paar Tage Urlaub eingeschrieben. Nicht wegfahren, dableiben. Einfach auftanken. Ein guter Vorsatz…

Der erste Urlaubstag brach an, und ich erwischte mich dabei, den Computer hochzufahren und die dienstlichen E-Mails zu checken. Am zweiten Tag war ein Brief aus dem Landeskirchenamt im Briefkasten, der unbedingt gelesen werden musste. So verging kein Tag ohne den Gedanken an Arbeit. Ich wurde sie nicht los. Sie war da, in meinem Kopf. Den Gedanken an Gemeinde, Pläne, Menschen, Aufgaben … ausschalten? Ging nicht. ––– Ist das gut oder schlecht? Pfarrer sein ist mein Leben! Aber was, wenn ich dereinst kein Pfarrer mehr bin…? Was bin ich dann…?

Ich glaube, am dritten Tag meines Kurzurlaubs war‘s. Da fing ich an, wieder einmal den Morgen mit einem Abschnitt aus der Bibel zu beginnen. In den ersten Monaten des Jahres hatte ich mir das zu einer guten Gewohnheit werden lassen – und dann doch wieder aufgegeben. Es gab zu viele Aufgaben, die mir die Ruhe raubten. Schon eigenartig, wie listig sich diese Biester in den Vordergrund schieben können – schon ganz früh am Morgen. So ließ ich das Bibellesen sein. Doch im Urlaub merkte ich: „Mir fehlt es.“ Gut! Manchmal muss man erst merken, dass etwas fehlt, um sich wieder neu auf die Suche zu machen. – Habe bis jetzt „durchgehalten“. Ich merke: Ja, sie tun mir gut – Gottes Worte. Kraft für meinen Lebensmotor.

Das Gebet kommt bei mir immer schon zu kurz. Ich „arbeite“ daran, bin aber eher ein Kurzbeter.
Ist das „männlich“?

Lange Gebetszeiten gibt es nicht in meinem Leben. Ich merke, ganz ohne Gespräch stirbt Beziehung. Nicht nur zwischen Mensch und Mensch, sondern auch zwischen Mensch und Gott. In Beziehung und im Gespräch sein… Bei mir dauert es lange, bis mir das fehlt. Doch irgendwann fehlt es mir.

Nach vier Tagen Urlaub, stellen Sie sich vor, überkam mich plötzlich eine unerklärliche Traurigkeit und Schwere. Ja, ich bin wetterfühlig, und der Übergang vom Sommer zum trüben Herbst macht mir jedes Jahr Probleme. Aber das war es nicht – nicht nur. Es war das Gefühl von Leere, Schwere und Sinnlosigkeit. „Was bringt das alles…? Das ganze Tun, mein Einsatz, mein Festhalten an Jesus.“

Warum erzähle ich Ihnen das? Ich möchte Ihnen sagen: Falls es Ihnen ähnlich geht; Sie sind nicht allein. Selbst mir als Pfarrer ergeht es so. Im Leben – auch im Leben als Christ – gibt es Höhen und Tiefen. Immer wieder laufen wir leer. Aber solange wir im Stande sind, unsere persönliche geistliche Tankstand-Anzeige zu lesen; solange wir noch bemerken, dass unser Tank wieder gefüllt werden muss, ist nichts verloren. Hin zur Tankstelle – und tanken. Das aber nimmt uns keiner ab.

So hat mich mein Urlaub wieder an die Tankstelle geführt:
Ich bin nicht zuerst mein Dienst, sondern geliebter Sohn.
Nichts füllt meinen Tank mehr als Gottes gute Zusagen und Anleitungen.
Ich vertrockne, wenn ich meinen Gott nicht habe.

„Werft euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat.“ –
Hebräer 10,35

 

Verbunden durch Höhen und Tiefen

Ihr Pfarrer Markus Gnaudschun